Gründung | die erschta 50 johr
(Quellen: Max Lutz, 1986: Chronikschrift zu 140 Jahre MVGaissau | Archiv und Tätigkeitsberichte | mündl. Überlieferungen)
Es ist nicht möglich, über die Anfänge des Musikvereins Gaißau Angaben zu machen, da über das erste halbe Jahrhundert des Bestehens praktisch keine Aufzeichnungen vorhanden sind. Als älteste Dokumentation über den Musikverein muss man die Statuten ansehen, eingereicht an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch und von der K. K. Statthalterei für Tirol und Vorarlberg am 12. Februar 1888 zugelassen. Wie man aus Überlieferungen weiß, gab der Musikverein Höchst (heute Bürgermusik Höchst) anlässlich eines Besuches in Gaißau im Jahre 1846 die Anregung zur Gründung eines eigenen Musikvereins. In späteren Jahren kann man in einem Brief aus Höchst lesen, dass die Höchster Musik als „Mutterkapelle“ bezeichnet wurde.
Um die mehr als 160 Jahre Musikvereinsdasein begreifen zu können, sind einige Zeitbilder von einst und jetzt in des Lesers Vorstellungsvermögen zu reproduzieren. Dabei ist die Grenzlage von Gaißau besonders zu berücksichtigen. Man ist erstaunt, dass in dem damals nur 90 Häuser zählenden Gaißau mit etwa 350 Einwohnern ein Musikverein gegründet werden konnte – und zwar ein Harmonieklangkörper. Es war ein Dutzend Jahre bevor es die Bahnverbindung St. Margrethen – Bregenz gab, dreißig Jahre vor dem Bau der Gaißauer Kirche und 75 Jahre bevor in Gaißau das elektrische Licht leuchtete. Zu jener Zeit stellte eine Fähre nach Rheineck die Verbindung her, und bei Hochwasser war das Dörflein von Höchst abgeschnitten. Nach Erstellung der Holzbrücke über den Rhein entwickelten sich prächtige Partnerschaften, die bis nach St. Gallen reichten.
Über den Festverlauf des 50-jähigen Bestehens ist in den Aufzeichnung nichts zu erfahren. Aber im Protokoll vom 25. Februar 1896 ist zu lesen: «Da der Verein mit dem Jahre 1896 in das 50. Jahr seines Bestandes eintritt, so wurde einstimmig beschlossen, zu Ehren der Gründer und Mitglieder ein Gründungsfest zu veranstalten, im Falle sich der Musikverein Höchst zur Beteiligung an demselben bereitwillig erklärt». Ein Einladungsschreiben ging ab. Im Anker sollten die Festlichkeiten am zweiten Sonntag nach Fronleichnam stattfinden. Das Antwortschreiben versprach Teilnahme am 14. Juni, da der 7. Juni nicht „conveniert“.
Große Feste in Gaißau | dia wissand wia ma firat
Fahnenweihe 1903
Vorstand: Ludwig Schmidinger, Kapellmeister: Gottlieb Heier.
Im Jahre 1903 stiftete der Altmeister des Vereins Isidor Niederer, er wohnte im Hause Selb Adolf, eine Fahne, die er mit Stolz voraustrug, bis Altersbeschwerden ihn daran hinderten. Nach Aufstellung der Tagesordnung kam es noch zum Beschluss, dass der Verein samt Festführer und Festjungfrauen sich zum Andenken photografieren lassen wollen. Uber den Festverlauf sind keine Aufzeichnungen vorhanden, hingegen weist ein Foto auf eine Festcorona von 14 Aktivmitgliedern mit Hut und Rock, einen stolzen Fähnrich, 10 Festjungfrauen mit Fahnenpatin in der Mitte, den Festführer und drei weitere Ehrengäste hin.
75-jähriges Gründungsfest 1921
Vorstand: Franz Niederer, Kapellmeister: Gottlieb Heier.
Wie alle Veranstaltungen konnten in jener Zeit auch die Feste noch kurzfristig angesetzt werden. Wenngleich schon im Januar der Gedanke eines Gründungsfestes auftauchte, so wurden gar erst Mitte Mai die Weichen für die Durchführung gestellt und das Datum auf Sonntag, den 3. Juli festgesetzt. Das Tischen, so wurde beschlossen, soll der Verein übernehmen. Bretter kamen gegen eine Entschädigung auf die Festwiese und fünf Kubikmeter Brennholz wurden zu Pfählen verarbeitet. Eine Spende hatte die Festwirtschaft bei gutem Verlauf in Aussicht gestellt.
Um 6 Uhr früh fand eine Messe für die verstorbenen Gründer und Mitglieder des Vereins statt. Nachmittags wurden die Vereine Hard, Höchst. Fußach, Rheineck und der Männergesangsverein empfangen bzw. zum Festzug geordnet. Um drei Uhr konnte die Festrede von Herrn Lehrer Niederer steigen. Eine kurze Rede von Herrn Lehrer Good aus Rheineck unterstrich die herzliche Verbindung nach drüben. Eine vom Musikverein Rheineck gestiftete Schleife zur Erinnerung an das Jubelfest war das äußere Zeichen bester Nachbarschaft.
Festdamen, Festführer und Andenkenschleifen für die Gastvereine weisen darauf hin, dass man wusste, was man Festbesuchern schuldig war. Ballwerfen und Kasperlitheater während der Pausen sollten Abwechslung bringen. Mit der Verabschiedung der Gäste um sieben Uhr schloss das Geburtstagsfest. Ein Foto erinnert an diese prächtig verlaufenen Tage. Die Ära der beschaulichen Feste, wo jeder noch jeden kannte, wurde mit dem 75er Fest abgeschlossen. Andere Dimensionen sind zum Maßstab geworden.
110-Jähriges Gründungsfest 1956
Vorstand: Paul Lutz, Kapellmeister: Josef Heier, Festobmann: Max Lutz.
Nach Ende des Krieges im Jahre 1945, als die Daheimgebliebenen, meist gestandene Männer von über 65 Jahren und zugleich Ehrenmitglieder, neun oder zehn an der Zahl, erstmals seit 1938 wieder zu Fronleichnam ausrückten, wurde überlegt, ob man zum «Hundertjährigen» nicht ein oder zwei Fass Most richten solle. Wenn auch im folgenden Jahr der Musikbetrieb wieder aufgenommen wurde, war an ein Fest nicht zu denken. Etliche Musikanten teilten noch das schwere Los der Kriegsgefangenschaft. Lebensmittelmarken, Kleiderpunkte, die geschlossene Grenze nach Rheineck und keine Verkehrsverbindungen kennzeichneten die Lage. So wurde man schließlich einig, bei der 110-Jahr-Feier sozusagen das große Jubelfest nachzuholen. Leider erlebten nicht mehr alle «Alten» diesen Anlass. Und dabei hatten sie sich so darauf gefreut. Ihnen sei Friede!
Samstag/Sonntag, den 21./22. Juli 1956, ging das wohlgelungene Fest auf der Ankerwiese über die Bühne. Am Samstagnachmittag stellten schwere Gewitterwolken die Verantwortlichen vor die bange Frage «abhalten oder nicht?» Die dem Bezirksvertreter, er sprach bei Beginn des Festes die Glückwünsche des Verbandes aus, zugeflüsterten Worte: «Bitte, schnell machen, es tröpfelt schon» ließen den Festausschuss erzittern. Doch Petrus war gut gesinnt. Es blieb an diesem Festabend trocken und am andern Tag wurde es schön warm.
Der Empfang der Festmusik Höchst, der Besuch der Musikkapelle aus Steingaden, das Mitwirken der Musikkapellen Roggwil, Fußach, Hard, Rheineck, Wald a. A. und der Stadtkapelle Bregenz-Vorkloster gehörten zum Fest wie der Weckruf um 5.00 Uhr, der Festgottesdienst mit Totenehrung, der Festzug durch das Dorf, das Konzert und der große Tanz. Dass jedem Festführer zwei Festjungfern zugeordnet wurden, darf in einer Vereinsgeschichte nicht verschwiegen werden. Ein prächtiges Fest ohne Zelt und ein kreuzfideles Beisammensein anderntags nach dem Aufräumen und Gläserspülen hat die Durchführung gelohnt. Die Namen Kurt Lutz, Max Lutz und Eugen Schmidinger (Gde. Sekretär) hat sich der Musikverein gemerkt, denn sie sollten noch des Öfteren bei Festen zum Einsatz kommen.
125-Jähriges Gründungsfest 1971 | Fahnenweihe
Vorstand: Helmut Arthofer, Kapellmeister: Alfred Lenzlinger, Festobmann: Max Lutz, Fahnenpatin: Ingrid Niederer (verh. Grabherr).
Bezirksmusikfest – Fahnenweihe – Hafenfest – Gondelcorso war 1971 das größte Fest in der Vereinsgeschichte. Drei Tage lang dauerte es. Mit einem Holzschnitt als Plakat, – Hafen mit Blick auf Rheineck -, entworfen vom Tiroler Künstler Josef Schwarz, wurde zum Fest geladen. Achtzehn Musikkapellen von hüben und drüben marschierten auf. Uber fünftausend Besucher sorgten dafür, dass der Kassier bei der Schlussabrechnung schmunzeln konnte. Als einmaliges Ereignis darf der Einzug zum Festgottesdienst per Schiff vermerkt werden, sodass unser Pfarrverweser Winsauer sagte: «O, wenn man nur die Fronleichnamsprozession so schön gestalten könnte». Der Kirchenchor mit dem Blum-Quartett sorgte mit einer rhythmischen Messe für die musikalische Umrahmung der Fahnenweihe.
Fahnenweihe? Ja. Die alte reinseidene Vereinsfahne wurde im Laufe der Jahrzehnte brüchig und hätte kaum mehr repariert werden können. Ein leichtes, beidseitig gleiches Banner in stahlblauer Grundfarbe flattert nun bei Ausmärschen. Der Schriftzug Musikverein Gaißau und eine Lyra in goldgelb sowie das Gemeindewappen sind der Fahne Schmuck. Frl. Ingrid Niederer fungierte als Fahnenpatin. Dass die Festfräuleins in brandneuen Dirndeln Aufsehen erregten, darf mit Freude vermerkt werden. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit war das Festzelt schon Anfang der Woche aufgestellt. Aber, o weh! Am Mittwochmorgen stand das Zelt bis zu 20 cm unter Wasser. Heinzelmännchen, sag Musikanten, zogen bei strömendem Regen einen Graben um das Zelt und saugten mit Pumpen das nicht gewünschte Nass ab. Das Fest konnte am Freitag bei kaltem Wetter beginnen. Am Samstag war es «ordentlich». Am Sonntagnachmittag musste das Zeltdach von der Feuerwehr bespritzt werden. Die Hitze im Zelt ließ das Bier fließen. Als der Festführer rechtzeitig bei der Brauerei Nachschub bestellte, bekam er zur Antwort: «Das kann nicht sein. Soviel Bier haben wir in Lustenau beim größten Fest nicht gebraucht».
Verklungen ist der Festgesang – wird man in Gaißau je wieder ein solches Fest auf die Beine stellen können?
135-Jähriges Gründungsfest 1981 | Bezirksmusikfest
Vorstand: Ulrich Eder, Kapellmeister: Arthur Fend, Festobmann: Max Lutz.
Dieses Fest ist zu den Großen zu zählen. Neunzehn Musikkapellen gaben Gaißau die Ehre. Die Veranstalter hatten den Vorteil der Erfahrung aus dem letzten Jubelfest. Kurz zusammengefasst darf gesagt werden, wohl gelungen, wenn von dem buchstäblich ins Wasser gefallenen Gondelkorso abgesehen wird. Dabei hätte er zur besonderen Attraktion werden können.
Die Wertungsspiele wurden in Form von „Spiel in kleinen Gruppen“ im Schulhaus abgehalten. Als Festmusik und Gastkapelle fungierte der Musikverein Aich (D, bei Stuttgart). Der Einzug zur Feldmesse im Zelt erfolgte per Kiesschiff. Musikalisch gestaltet der Kirchen- und Kinderchor Gaissau die Messe, rhytmisch begleitet vom Blum-Quartett. Zum Frühschoppen spielte anschliessend die Musikgesellschaft Thal (CH).
140-Jähriges Gründungsfest 1986 | Bezirksmusikfest
Vorstand: Otmar Hildebrand, Kapellmeister: Arthur Fend, Festobmann: Max Lutz.
Festschrift und Chronik von Max Lutz (zum Download).
145-Jähriges Gründungsfest 1991
Vorstand: Christoph Lutz, Kapellmeister: Arthur Fend.
150-Jähriges Gründungsfest 1996
Vorstand: Marco Feuchtner, Kapellmeister: Dieter Böckle, Festobmann: Christoph Lutz.
Festschrift von Christoph Lutz (zum Download)
155-Jähriges Gründungsfest 2001 | Trachteneinweihung
Vorstand: Rudi Eder, Kapellmeister: Hans Eder.
160-Jähriges Gründungsfest 2006
Vorstand: Bernhard Eder, Kapellmeister: Hans Eder.
170-Jähriges Gründungsfest mit Fahnenweihe 2016
Vorstand: Christoph Lutz, Kapellmeister: Albert Bösch, Fahnenpatin: Mona Hildebrand.
A Dorf | a Musig | a tolls Fäsch.
Unter diesem Titel feierte der MV Gaissau mit einem tollen Programm ausgelassen drei Tage lang sein Jubiläum. An dieses „Wahnsinnsfest“ wird man sich noch Jahrzehnte lang erinnern.
Bericht vom Freitag, 16.09.2016 – 6. Oktoberfest
Bericht vom Samstag, 17.09. 2016 – 3. Rheindeltamusikfest
Bericht vom Sonntag, 18.09.2016 – Fahnenweihe und Familienfest
Aus dem täglichen Dasein | andre zita – andre sitta
Die im Jahre 1888 genehmigten Statuten sind im ältesten Protokollbuch aus dem Jahre 1894 festgehalten. Heute würde jeder staunen, wenn die Mitgliedschaft bei einem Verein an Bedingungen geknüpft wäre, wie sie damals festgesetzt waren: Eintrittsgeld, Austrittsgebühr, Bußen bei Probenverspätung oder Fernbleiben von Proben sowie Nichtteilnahme an «Produktionen» d. h. offiziellen Ausrückungen. Nur die Vorlage eines Arztzeugnisses oder der Wegzug aus der Gemeinde schützten vor den Strafen. Dabei war man bei deren Eintreibung nicht zimperlich. Ja, man sicherte sich sogar schriftlich ab. So ist in einem „Vertrag zwischen dem Musikverein Gaissau und den Aufzunehmenden“ zu lesen, dass sich die drei Aufnahmewerber mindestens für drei Jahre verpflichten, dem Verein treu zu bleiben.